Ein Thema, mit dem man in Südafrika zwangsläufig in Berührung
kommt, ist die Apartheid. Südafrika ist für die meisten von uns Semesterthema
der Klasse 11 in Englisch gewesen, weswegen wir uns schon im Vorfeld viel
mit der Problematik der Apartheid beschäftigt haben. Allerdings lag der
Schwerpunkt dabei hauptsächlich darauf, wie es zur Apartheid kam, was
währenddessen geschah und wie in Südafrika letzten Endes die Gleichstellung
erreicht wurde. Außerdem wurde aufgearbeitet, wie die schwarze Bevölkerung nach
den Wahlen mit den Weißen und der Vergangenheit Südafrikas umgin. Dabei ging
es vor allem um die Truth and Reconciliation Commission. Viel weniger wurde
darüber geredet, was nach 1994 geschah und wie es heute in Südafrika aussieht.
Ich persönlich finde, dass man die Auswirkungen der
Apartheid in Südafrika immer noch stark zu spüren bekommt. Egal wohin man geht,
sei es der Supermarkt, Restaurants oder andere Geschäfte, werden Weiße von
Schwarzen bedient. Fährt man an Schulen vorbei, fällt auf, dass es dort
entweder überwiegend weiße oder überwiegend schwarze Kinder gibt. Mir war schon
bewusst, dass es innerhalb von 20 Jahren keinen kompletten Wandel innerhalb
einer Gesellschaft geben kann, allerdings hätte ich nicht gedacht, wie
drastisch in Südafrika immer noch getrennt wird.
Besonders erschreckend fand ich ein Gespräch mit Florian,
der erzählt hat, dass die einzigen weißen Freunde, die ihn in seinem Projekt
besucht haben, Deutsche sind. Viele seiner südafrikanischen weißen Freunde hingegen
verurteilen ihn sogar für das, was er im Projekt leistet. Die meisten hat er
verloren, als er eine Beziehung mit einer schwarzen Frau einging.
Auch was das Wohnen angeht, hat man den Eindruck, dass es
kaum gemischte Wohngegenden gibt. Während es viele weiße Viertel gibt, die
durch Schranken abgesperrt sind und sehr luxuriös sind, wohnt ein Großteil der
schwarzen Bevölkerung in ärmlichen Hütten in Townships. Auf unserem Heimweg
kommen wir manchmal an einem Township namens Khayelitsha vorbei. Egal wohin man
dann schaut, sieht man Wellblechhütten, die sich über Tausende Quadratmeter
erstrecken. Allein in Khayelitsha wohnen eine halbe Million Menschen. Das
macht immerhin ein Sechstel der Bevölkerung Kapstadts aus.
Townships wie Khayelitsha sind direkte Auswirkungen der
Apartheid, denn viele entstanden im Zuge des Group Areas Act von 1950, der Schwarzen
verbot, in südafrikanischen Städten zu wohnen.
Gerhard, unser Führer vom Kaphalbinselausflug, hat uns
erzählt, dass sich neue Townships deswegen so schnell bilden, da man Menschen,
die sich eine Hütte gebaut haben, erst dann bewegen kann wehzuziehen, wenn man ihnen eine menschenwürdige Unterkunft, also ein Haus mit fließend Wasser und Strom zur
Verfügung stellt.
Die Lebensbedingungen in Townships sind hart. Meist gibt es
keine sanitären Anlagen, die Kriminalitätsrate ist hoch. Außerdem ist Südafrika trauriger
Spitzenreiter in den Bereichen Mord durch Feuerwaffen, Totschlag,
Vergewaltigung und Körperverletzung. Diese Bereitschaft zu Gewalt schreibt man
vor allem den extremen sozialen Ungerechtigkeiten zu, die wiederum eine Folge der
Apartheid sind. So werden Schwarze immer noch schlechter bezahlt als Weiße, in
den Townships hat man nur schlecht Zugang zu Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten.
Während der Apartheid war es Schwarzen nicht erlaubt,
gute Schulen zu besuchen. Dadurch ist die Analphabetenrate in der
schwarzen Bevölkerung extrem hoch, wodurch es vielen Schwarzen immer noch
schwerfällt, einen Job zu finden oder ihren Kindern bei Schularbeiten zu
helfen.
Auch gibt es immer noch viele rassistische Weiße. So hat zum
Beispiel der Farmer auf dem Nachbargrundstück von Vulamasango lange versucht,
Florians Projekt zu verhindern, und ist damit sogar bis vor das Bundesgericht
gezogen.
Auch wir als „Unbeteiligte“ spüren die Apartheid noch. Dadurch,
dass wir weiß sind, haben wir das Gefühl, besonders nett zu den Schwarzen sein
zu müssen, um etwas gut zu machen. Ist man zum Beispiel im Supermarkt und fragt
nach etwas, versucht man um jeden Preis nett zu den Verkäufern zu sein, denn
man hat Angst, dass die Verkäufer denken könnten, man würde sie herablassend
behandeln, weil sie schwarz sind.
Wir sind viel mit dem Auto unterwegs. Dabei fällt einem auf,
dass die meisten Autos, anders als in Deutschland, voll besetzt sind. Auf
Pick-Ups werden auf die Ladefläche so viele Leute wie nur möglich gequetscht,
überall stehen Menschen, die trampen wollen und auf eine Mitfahrgelegenheit
hoffen. Oft sieht man Trucks, die von einer Menschentraube angeschoben werden,
die dann nach ein paar Metern aufspringt.
Man fühlt sich betroffen, denn egal wie schlecht es den
Menschen hier geht, sie bringen einem immer Freundlichkeit entgegen. Man sieht
den Leuten zwar an, dass sie kein einfaches Leben haben, ihre Kleidung ist
abgetragen, ihre Gesichter sind meist faltig, vernarbt und dreckig, doch sie
haben immer ein Lachen für einen übrig. Für einen kleinen Spaß ist immer genug
Zeit und das Wenige, was die Menschen haben, teilen sie mit einem.
Auch wenn der Alltag hier von Schwierigkeiten geprägt ist,
gehen die Menschen mit einer Gelassenheit und Lebensfreude an alles heran,
beschweren sich nicht und machen das Beste aus dem, was sie haben. Davon
sollten wir uns in Deutschland eine große Scheibe abschneiden.
Olga